Die 3-S-Regel beim Dialogschreiben
Dialoge sind das Salz in der Suppe einer Geschichte – oder, wenn wir ehrlich sind, manchmal auch der Grund, warum Leser:innen nach drei Seiten genervt abbrechen. Weil es zu fade ist.
Damit das nicht passiert, gibt es die 3-S-Regel (S wie Salz - logo!). Davon brauchst du mindestens eine Prise. Ja nach Geschmack auch zwei oder drei.
Doch was sind das für S?
Es geht um:
Schlagfertigkeit, Spitzfindigkeit und Subtext.
Ein guter Dialog braucht mindestens eines dieser Elemente, um lebendig, spannend und authentisch zu wirken. Wie das funktioniert, schauen wir uns genauer an – inklusive Vorher-Nachher-Beispiele.
1. Schlagfertigkeit: Wortwitz und Tempo
Was ist Schlagfertigkeit?
Schlagfertigkeit bedeutet, dass deine Figuren schnell reagieren und dabei clever, witzig oder ironisch sind. Sie kontern, überraschen und bringen Spannung in die Unterhaltung. Es ist die Kunst, im richtigen Moment das richtige Wort zu finden – genau das, was uns im echten Leben oft fehlt. Leider.
Kaum jemand ist wirklich schlagfertig. Dabei wären wir es doch so gerne. Oder denkst du nicht manchmal: "Ach, Mensch, hätte ich mal dieses und das gesagt, das hätte gesessen!"
Vorher (nicht schlagfertig):
A: „War das deine Idee?“
B: „Ja, was ist daran falsch?“
A: „Ich finde sie nicht so toll.“
Nachher (mit Schlagfertigkeit):
A: „War das deine Idee?“
B: „Ich erklär sie gerne noch mal in einfacher Sprache, wenn du nicht mitkommst.“
A: „Oh, ich komme mit. Allerdings nicht dahin, wo du hingehst.“
Na, Unterschied gemerkt?
Die zweite Version bringt Dynamik, Charakter und Konfliktpotenzial in den Dialog. B zeigt mit einer ironischen Bemerkung Persönlichkeit, und A hält dagegen – das macht die Unterhaltung lebendig. Und es lässt ahnen, dass es hier noch brenzlich wird.
2. Spitzfindigkeit: Cleverness mit Tiefgang
Was ist Spitzfindigkeit?
Spitzfindigkeit ist, wenn deine Figuren kluge oder pointierte Bemerkungen machen, die oft einen doppelten Boden haben. Das kann eine philosophische Erkenntnis, ein Wortspiel oder ein subtiles Urteil sein. Spitzfindigkeit verleiht Dialogen eine gewisse Eleganz und lädt zum Nachdenken ein.
Vorher (gerade nicht so spitzfindig):
A: „Warum hast du das getan?“
B: „Weil es das Richtige war.“
A: „Das sehe ich anders.“
Nachher (schon bisschen spitzfindiger):
A: „Warum hast du das getan?“
B: „Weil es das Richtige war. Aber das Richtige ist eben selten das Naheliegende.“
A: „Oder das, was alle gut finden.“
Na, Unterschied gemerkt?
Die Figuren bringen hier Tiefe und Reflexion in den Dialog. Das Gespräch wird weniger eindimensional und vermittelt gleichzeitig Informationen über die Denkweise der Charaktere. B gibt sich hier geradezu philosophisch.
3. Subtext: Das Ungesagte bleibt zwischen den Zeilen
Was ist Subtext?
Subtext ist das, was nicht gesagt wird, aber deutlich mitschwingt.
Die wahre Bedeutung eines Dialogs liegt unter der Oberfläche – in Andeutungen, in dem, was unausgesprochen bleibt.
Subtext ist subtil, aber kraftvoll, weil er Leser:innen zum Mitdenken einlädt.
Vorher (hier gibt es nicht drunter):
A: „Hast du die Präsentation fertig?“
B: „Nein. Ich hatte nicht genug Zeit.“
A: „Das ist schlecht. Der Chef wird nicht begeistert sein.“
Nachher (da schwingt doch was mit!):
A: „Hast du die Präsentation fertig?“
B: „Wer braucht schon Schlaf?“
A: „Hoffentlich hat der Chef ein Auge für kreative Freiheit.“
B: „Er sagt doch immer, er liebt Überraschungen.“
Warum funktioniert das?
Im „Nachher“-Dialog liegt die wahre Bedeutung unter der Oberfläche. B ist gestresst, vielleicht unsicher, aber versucht das mit Sarkasmus zu überspielen. Er hat die ganze Nacht an der Präsentation gearbeitet, wie es klingt. A reagiert mit einer ebenso subtilen Spitze, die durchklingen lässt, dass es vielleicht doch Probleme geben könnte, weil er bestimmt jetzt Fehler in der Präsentation hat. B wiederum spielt darauf an, dass der Chef doch auch sonst gerne mal das Außergewöhnliche mag. Das kann er heute haben!
Der Subtext erzeugt Spannung und lädt Leser:innen ein, zwischen den Zeilen zu lesen.
Bei der Arbeit mit Subtext muss man sich darüber klar sein, was man eigentlich sagen will und dann etwas finden, um genau das "durch die Blumen" zu sagen, also nur anklingen zu lassen.
Die 3-S-Regel im Dialog: Warum mindestens ein S reicht
Ein guter Dialog braucht nicht immer alle drei Elemente (3 Prisen Salz), aber mindestens eines sollte vorhanden sein, damit die Unterhaltung fesselt.
Und das sind die Effekte, die du damit erzielen kannst:
- Schlagfertigkeit bringt Tempo
- Spitzfindigkeit verleiht Tiefe
- Subtext sorgt für Spannung
Zusammen machen sie Dialoge zu einem Highlight deiner Geschichte.
Bonus: Noch ein Beispiel mit allen drei S
Vorher:
A: „Ich gehe spazieren. Willst du mitkommen?“
B: „Ich weiß nicht. Vielleicht.“
A: „Okay, sag einfach Bescheid.“
Nachher:
A: „Ein bisschen frische Luft würde dir guttun.“ (Subtext: A wünscht sich, dass B mit nach draußen kommt.)
B: „Ich hatte gerade schon eine Zigarette. Danke.“ (Schlagfertigkeit)
A: „Ist ohnehin viel zu gefährlich ohne Sauerstoffgerät.“ (Spitzfindigkeit, unterschwellige Provokation)
Fazit: Dialoge, die knistern
Die 3-S-Regel ist ein einfacher (nun ja, so einfach ehrlicherweise auch wieder nicht), aber effektiver Leitfaden (das ja, ja, auf alle Fälle!), um Dialoge zu schreiben, die nicht nur informieren, sondern
- unterhalten
- Spannung erzeugen
- deinen Figuren Persönlichkeit verleihen.
Probiere es aus – und wenn du dabei kreativ werden möchtest, schnapp dir mein Buch „Auf die Lücke, fertig, los!“.
Darin findest du 52 Schreib-Workouts, die dich genau in solchen Dingen schulen und deine Dialoge auf das nächste Level heben.
Also: Schreib los – mit Schlagfertigkeit, Spitzfindigkeit und einer ordentlichen Portion Subtext!
Kommentar schreiben