Ah, Cafés. Diese magischen Orte, an denen Latte-Art auf den Milchschaum gezaubert wird, der Duft von frisch gebrühtem Kaffee in der Luft liegt und das sanfte Klirren von Tassen wie Musik für unsere geplagten Autorenseelen klingt.
Aber warum, um alles in der Welt, zieht es uns immer wieder dorthin? Warum können wir nicht einfach am heimischen Schreibtisch schreiben, wo keine neugierigen Blicke auf unsere Notizen oder Tippgeräusche stören?
Lass uns das mal gemeinsam in Ruhe ergründen.
Cafés sind die perfekten Bühnen für unser Autoren-Ego
Hand aufs Herz: Wer von uns mag es nicht, mit dem Laptop oder Notizbuch im Café zu sitzen und dabei ein kleines bisschen wie der/die leidende Künstler:in aus einem französischen Schwarz-Weiß-Film auszusehen? Das Bild, das wir von uns selbst haben – konzentriert, tief in Gedanken versunken, vielleicht mit einem leicht melancholischen Ausdruck – ist einfach zu verlockend. Und wie es erst im Kopf aussehen muss: Gedanken über Gedanken, Bilder, Einfälle, Erkenntnisse. Oh, ja, so viele Erkenntnisse über die Welt um uns herum.
Und ja, wir wissen, dass die Leute um uns herum vermutlich keine Ahnung haben, dass wir gerade an dem nächsten Bestseller schreiben. Aber was, wenn doch? Vielleicht schauen sie genau hin und denken: “Wow, da sitzt eine echte Autorin!”
Dieses kleine Ego-Streicheln ist doch einfach zu schön, um es sich zu entgehen zu lassen.
Aber wieso ticken wir so? Wann hat es eigentlich angefangen mit dieser Verbindung zwischen Café und Autorin?
Woher kommt der Mythos “Autoren und Kaffeehäuser”?
Der Mythos, dass Autor:innen und Kaffeehäuser untrennbar verbunden sind, hat eine lange Tradition. Schon im 18. und 19. Jahrhundert trafen sich Literat:innen in den großen Kaffeehäusern von Wien, Paris und London. Denk nur an Namen wie Franz Kafka, Jean-Paul Sartre oder Simone de Beauvoir. Diese intellektuellen Schwergewichte saßen stundenlang in Cafés, tranken Kaffee, diskutierten über Existenzialismus, Revolutionen und den Sinn des Lebens – oder sie schrieben gleich dort ihre Meisterwerke.
Das Kaffeehaus war nicht nur ein Ort des Schreibens, sondern auch der Inspiration und des Austauschs. Es ist, als ob wir beim Betreten eines Cafés ein Stück dieser kreativen Energie aufsaugen. Vielleicht hoffen wir insgeheim, dass uns die Muse dort genauso leidenschaftlich küsst wie unsere literarischen Vorfahren.
Und wenn nicht, so wirken wir vielleicht wenigstens ungeheuer intellektuell und busy.
Ablenkungen, aber die guten
Angenommen es geht uns nicht nur ums Ego und den richtigen Autoren-Vibe. Es muss noch andere Gründe geben, warum wir gerne im Café schreiben.
Zu Hause lauern die falschen Ablenkungen: Der Abwasch, der dich vorwurfsvoll aus der Spüle anstarrt. Die Couch, die verführerisch flüstert: “Komm, schau nur eine Folge deiner Lieblingsserie… oder sieben.” Und natürlich der Kühlschrank, der mindestens einmal pro Stunde geöffnet werden will – rein aus Höflichkeit.
Im Café hingegen gibt es Ablenkungen, die uns auf seltsame Weise helfen: das Summen von Gesprächen, das Zischen der Espressomaschine, das Rattern der Kasse. Diese Geräuschkulisse wirkt wie ein Anker. Sie hält uns im Hier und Jetzt, ohne uns zu sehr aus unserer Gedankenwelt zu reißen. Es ist, als ob das Chaos um uns herum unsere innere Ordnung wiederherstellt. Klingt paradox? Funktioniert trotzdem.
Und: ich liebe es, dass ich nicht selbst in die Küche rennen muss, nur weil die Tasse leer ist. Ein kurzer Blick genügt, schon schwebt Nachschub heran.
Und dabei ist es noch nicht mal so wichtig, was drin ist. Oder doch?
Am Kaffee oder am Café - woran liegt es denn jetzt?
Natürlich können wir uns auch zu Hause Kaffee machen. Aber mal ehrlich: Schmeckt er dort jemals so gut wie im Café? Der Unterschied liegt nicht nur in der Bohne, sondern auch in der Atmosphäre. Im Café wird jede Tasse zum kleinen Ritual. Und dieser Barista, der deinen Namen falsch auf den Becher schreibt? Das ist einfach Teil des Charmes.
Kaffee im Café hat etwas Magisches. Er verspricht: “Mit jedem Schluck wirst du kreativer, produktiver, und – wer weiß – vielleicht sogar endlich das Wort ‘Ende’ unter dein Manuskript setzen.” Natürlich liefert er das nur selten, aber die Hoffnung stirbt zuletzt.
Und ehrlicherweise: mit Tee geht es nur halb so magisch zu. Chai-Matcha-Latte, das geht vielleicht gerade noch ...
Oder ist es doch die Inspiration
Im Café zu sitzen ist so spannend, als könntest du dich von einer Story in die nächste beamen. An jedem Tisch sitzt eine neue Geschichte: Das verliebte Pärchen, das sich verstohlen in die Augen schaut. Die Business-Leute, die hektisch über Excel-Tabellen diskutieren. Die ältere Dame, die ihren Tee mit einer Ruhe trinkt, die du nur aus einem anderen Jahrhundert kennst.
Für uns Autorinnen ist das Gold. Wer braucht künstlich generierte Schreibprompts, wenn die Welt um dich herum so viel Material liefert? Vielleicht ist der Mann im Eck mit dem zerzausten Haar genau der Charakter, den deine Geschichte bisher vermisst hat. Vielleicht inspirieren dich die Fetzen eines Gesprächs zu einem entscheidenden Dialog in deinem Roman. Oder du denkst dir eine absurde Hintergrundgeschichte für die Person aus, die ihren Cappuccino mit sieben Zuckerwürfeln trinkt.
Es ist einfach so inspirierend im Café.
Die illusorische Produktivität
Das Beste am Schreiben im Café? Du fühlst dich produktiv, selbst wenn du eigentlich nichts zu Papier bringst. Allein das Tippen auf der Tastatur oder das Kritzeln im Notizbuch (auch wenn es nur Kringel sind) fühlt sich nach Fortschritt an.
Und das ist das Schöne: Selbst wenn der Text noch nicht Pulitzer-Preis-würdig ist, hast du das Gefühl, heute eine richtige Autorin gewesen zu sein, heute etwas erreicht zu haben – und sei es nur, den besten Platz mit der Steckdose.
Ein klarer Schnitt zwischen Alltag und Schreiben
Zu Hause ist alles eins: Dein Schreibtisch ist dein Arbeitsplatz, dein Esstisch und manchmal auch dein Ablageort für den Wäscheberg. Das ist praktisch, kann aber auch nerven.
Im Café hingegen trittst du in eine andere Welt. Du legst deine Jacke ab, bestellst einen Kaffee und machst deinen Laptop auf. Das Café wird zu deinem Schreib-Tempel. Mit Bedienung! Hier gibt es keine Wäsche, keinen Abwasch, keine Verpflichtungen – nur dich, deinen Kaffee und deine Worte.
Fazit: Cafés sind unsere kreative Komfortzone
Cafés sind nicht nur Orte der Begegnung, sondern auch gleichzeitig kreative Rückzugsorte. Hier können wir uns wie echte Künstler:innen fühlen, neue Inspirationen sammeln und – ganz wichtig – so tun, als wären wir super produktiv, während wir eigentlich die dritte Tasse Cappuccino genießen und uns an der Atmosphäre berauschen.
Also, schnapp dir dein Notizbuch und ab ins nächste Café. Wer weiß, vielleicht entsteht dort gerade der erste Satz deines nächsten Bestsellers. Und wenn nicht? Dann hattest du zumindest verdammt guten Kaffee. Win-Win, würde ich sagen.
Happy Writing – und viel Spaß beim Kaffeeklatsch mit deinem Manuskript! ☕✍️
Ach, und noch was ...
Als ich das letzte Mal meinen Laptop geschnappt habe und ins Café geflüchtet bin, gab es dafür genau einen Grund:
Ich hatte keinen Bock zu schreiben, es mir aber feste vorgenommen. Mensch, im Café, da wird es mir bestimmt leichter fallen. Zack! Schon war ich unterwegs!
Und dann saß ich da im Café. Als einzige. Inspirierend war das nicht. Erst als die Schulschwänzerinnen von der benachbarten Schule einflogen, um Sport, oder Mathe oder Reli zu skippen, mich neugierig aus den Augenwinkeln anguckten (und sich ganz bestimmt fragten, ob ich möglicherweise eine berühmte Autorin sei), da sind die ersten Ideen geflossen ... zu diesem kleinen Blogartikel.
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