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Wenn das Bücherregal überquillt

Ich weiß was es heißt, sich von Büchern zu trennen. 

 

Mein Vater hat im Laufe seines Lebens 86 laufende Meter Bücher angesammelt, dann sind ungefähr 2 Tonnen, 86 Bücherkisten, geschätzt 8000 Bücher.

 

Halleluja! Eine Menge Zeug, die ein Haus auch erstmal tragen muss. Ächz.

 

Und dann kam eines Tages der Umzug von einer großen in eine kleiner Wohnung! 

Alter Bücherverwalter! Wohin mit dem Bibliothek???

 

Die Vorstellung, sich von Büchern zu trennen, war für meine Vater undenkbar – schließlich waren diese Bücher weit mehr als nur bedrucktes Papier. Sie waren seine Begleiter, voller Ideen, Erinnerungen, das geschätzte geistiges Eigentum anderer, Erinnerungsstücke und treue Begleiter durch verschiedene Phasen seines Lebens.

 

Doch irgendwann war der Punkt da, an dem er einsehen musste: diese Menge an Büchern kann nicht mit in das neue Zuhause. 

 

Was also tun?

 

Erstmal möchte ich ein paar Gedanken teilen, warum es generell so schwer ist, Bücher auszusortieren.

Weg mit den Bücher? Auf keinen Fall!

Es gibt viele  Gründe, warum wir eine besondere Bindung zu Büchern aufbauen. Die meisten davon sind emotional. Viele von uns fühlen sich unwohl bei dem Gedanken, Bücher „loszulassen“ – und das hat tief verwurzelte, historische und persönliche Gründe.

 

1. Geistiges Eigentum und Respekt vor Ideen

Bücher sind das Werk von Autorinnen, oft jahrelang verfasst und mit Herzblut gefüllt. Ein Buch einfach wegzuwerfen, fühlt sich daher an, als würde man diese Arbeit nicht wertschätzen. Es ist ein gewisser Respekt vor der Kreativität und dem „geistigen Eigentum“, der uns zurückhält. Ein Buch „lebt“ im besten Sinne durch die Leserinnen und will nicht einfach entsorgt werden.

 

2. Die düstere Geschichte von Bücherverbrennungen und Zensur

Wer an die Geschichte denkt, wird schnell an Bücherverbrennungen erinnert – ein Symbol für die Vernichtung von Ideen, Gedanken und Kunst. Ein Schlag gegen geistige Freiheit. Bücher wurden historisch als „gefährlich“ angesehen und verbrannt, ob in der Zeit der Inquisition oder im Dritten Reich. Auch in anderen totalitären Systemen galt „entartete Kunst“ als etwas, das es zu beseitigen galt. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum wir beim Gedanken an das Wegwerfen von Büchern ein schlechtes Gewissen haben – das Bild der Bücherverbrennung als symbolischer Akt zur Unterdrückung bleibt im kollektiven Gedächtnis verankert.

 

3. Persönliche Erinnerungen und emotionale Bindung

Manchmal erinnert uns ein Buch an eine bestimmte Phase unseres Lebens oder eine Erkenntnis, die wir daraus gewonnen haben. Wer würde schon den ersten Roman, den man jemals gelesen hat, einfach so weggeben? So wachsen die Stapel, weil wir den Erinnerungswert eines Buches nicht durch seinen Staub aufwiegen wollen.

 

4. Und das hat mein Papa gesagt

"Ich fühle mich einfach wohl, wenn sie bei mir sind!" 

"Ich müsste sie erstmal sortieren, um zu wissen, was ich behalten will." 

"Jedes Buch ist wichtig für mich." 

usw... 

Ja, er ist durch einen wirklich schweren Prozess gegangen und hat es geschafft, loszulassen. Danke, Papa! 

 

Wie kann es gelingen, uns von einigen dieser Schätze zu trennen, ohne ihnen ganz „Lebewohl“ zu sagen? Hier sind einige kreative und respektvolle Wege, sich von Büchern zu lösen, ohne sie wegzuwerfen. 

Verkaufen über Momox, Rebuy & Co

Wenn du dich von einigen deiner Bücher trennen möchtest, warum dann nicht gleichzeitig ein kleines Taschengeld damit verdienen? Plattformen wie Momox und Rebuy sind darauf spezialisiert, Bücher anzukaufen. Der Verkauf läuft einfach ab: Du gibst den Titel oder die ISBN-Nummer ein und bekommst sofort einen Preisvorschlag. Über eine App geht das total leicht. Vor allem für aktuelle Bücher ist das eine gute Möglichkeit, Platz zu schaffen und gleichzeitig ein bisschen Budget für neue Werke zu generieren. Auf diese Weise wandern bei mir immer mal wieder Bücherkisten zur Post und ich freue mich auf ein bisschen Geld auf dem Konto.

Win-Win! 

 

... aber für die Bibliothek meines Vaters war das nicht die richtige Lösung, denn dafür hätten wir Monate gebraucht. Die meisten Werke waren bei Momox auch gar nicht registriert. Also eher eine Lösung für Zwischendurch, wenn mal wieder Platz im Bücherregal geschaffen werden muss. Nichts für große Buchbestände. 

Antiquariat & Flohmarkt

Manche Bücher – insbesondere ältere und seltene Ausgaben – haben auch nach Jahren einen gewissen Sammlerwert.

 

In Antiquariaten oder auf Flohmärkten kannst du deine Schätze mit etwas Glück verkaufen und gleichzeitig sicherstellen, dass sie in die Hände von Buchliebhaber*innen kommen. Es gibt auch spezialisierte Antiquariate, die dir für besondere Sammlerstücke vielleicht einen ordentlichen Preis zahlen. Der Vorteil? Du gibst deinen Büchern eine zweite Chance, ohne sie anonym auf die Reise zu schicken.

 

... ich habe viele Telefonate geführt und meistens zu hören bekommen: Bringen Sie doch mal ein paar Bücher vorbei. Wie oft hätte ich dafür hin- und herfahren sollen. Und es wäre nicht klar gewesen, wieviele Bücher ich losgeworden wäre. Erstmal sah das nicht nach einer Lösung für uns aus. Aber ... na, schauen wir mal weiter. 

Der öffentliche Bücherschrank

Immer mehr Städte und Gemeinden haben öffentliche Bücherregale oder Bücherschränke, in die man gelesene Bücher stellen und andere mitnehmen kann. Diese kleinen, oft bunt gestalteten Schränke sind eine schöne Möglichkeit, Büchern ein neues Leben zu geben und Leser*innen vor Ort zu erfreuen. Stell dir vor, wie jemand dein Buch entdeckt und sich spontan freut, etwas Neues zum Lesen gefunden zu haben! Das ist eine wunderbare Art, Bücher zu teilen und auch eine schöne Geste der Großzügigkeit.

 

Aber bitte: Stelle nicht nur Schrott in den Schrank. Niemand braucht eine Gebrauchsanweisung für ein schnurloses Telefon, das schon lange nicht mehr auf dem Markt ist. Das kannst du getrost in den Papiermüll werfen. 

 

Für uns war der Bücherschrank keine finale Lösung. Aber ehrlicherweise haben wir schon hin und wieder mal ein paar Schmöker (heimlich) in einen dieser Schränke geschoben. Macht Spaß, aber nicht der Weg, um 8000 Bücher loszuwerden. 

Bücher verschenken

Vielleicht hast du Freund*innen oder Familie, die dein Buchgeschmack teilt? Dann schnapp dir deine Lieblingsbücher und verschenke sie – vielleicht sogar als Überraschung. Manchmal sind wir selbst überrascht, wie gut unsere gelesenen Bücher noch bei anderen ankommen. Ein kleiner persönlicher Gruß auf der ersten Seite macht das Geschenk sogar noch besonderer.

 

Aus eigener Erfahrung weiß ich aber: Besser du fragst vor, ob der/ die Beschenkte sich über eine gebrauchtes Buch freut. Denn manchem Recycling-Geschenk sieht man leider an, dass es eigentlich nicht von Herzen kommt, sondern einfach weg muss. Damit macht man niemandem eine Freude. Echt nicht. Verschenke also nur Bücher, über die sich jemand echt, echt, echt freut! 

 

Möchtest du 8000 Bücher zum Geburtstag bekommen? Nein? Komisch! 

Bücher aussetzen - Bookcrossing

Wenn du deine Bücher auf Reisen schicken willst, probiere doch mal Bookcrossing aus! Die Idee dahinter: Du lässt ein Buch an einem öffentlichen Ort „liegen“, wo jemand es findet und mitnimmt. Auf der Website von Bookcrossing kannst du das Buch registrieren und verfolgen, wohin es reist und welche Leser*innen es erreicht. Ein spannender Gedanke, oder? Es ist ein bisschen wie eine moderne Schatzsuche, nur dass der Schatz eine tolle Lektüre ist.

 

Ich habe das einige Zeit gemacht. Es ist wirklich lustig ... nun ja, für 8000 Bücher allerdings nicht die beste Lösung.  Aber vielleicht willst du es mal ausprobieren. 

Spenden: Schule, Bibliotheken, soziale Einrichtungen

Einige Bibliotheken, Schulen und soziale Einrichtungen freuen sich über Buchspenden. Ob für Kinder, Seniorinnen oder Menschen in besonderen Lebenssituationen – deine Bücher können hier eine große Bereicherung sein.

 

Nicht jede Einrichtung nimmt Buchspenden an, aber eine kurze Nachfrage lohnt sich.

 

Auch Krankenhäuser und Altenheime freuen sich oft über gespendete Bücher, die für ihre Bewohnerinnen zur Unterhaltung bereitgestellt werden. Aber auch hier: Achte darauf, dass die Bücher auch wirklich interessant und lesenswert sind und zur Zielgruppe passen (keine Erotik-Schinken oder Splatter-Romane für die Offene Ganztagsschule!).

 

Wir haben natürlich recherchiert, ob wir Papas Bibliothek spenden können - aber bei der Menge war das auch nicht so einfach. Und wir hatten die Hoffnung, dass wir noch einen Teil der Umzugskosten durch den Verkauf der Bibliothek erwirtschaften konnten. 

Wie wir uns letztlich geholfen haben ...

Die Lösung für die Bücher meines Vaters lag schließlich in einem Antiquariat, das  auf seiner Homepage angegeben hatte, ganze Buchbestände aufzukaufen.

 

Der Herr ist vorbeigekommen, hat geschaut, ob genug Bücher in der Bibliothek sind, die er möglicherweise verkaufen kann und hat uns ein Angebot gemacht - inklusive Entsorgung und Abtransport all der Bücher, die ihn nicht so interessieren. Und dann kam ein Trupp starker Menschen mit Kisten und Dachdeckeraufzug ... 

 

Uff! Aber das war ein harter Weg. Besser, du lässt es mit deiner Sammlung gar nicht erst so weit kommen! 

 

Fazit: Teilen statt wegwerfen

Bücher loszuwerden fällt den meisten Bücherliebhabern schwer - für meinen Vater war es eine echte Herausforderung. 

 

Es gibt viele schöne, kreative Möglichkeiten, Büchern ein neues Zuhause zu geben, ohne sie einfach wegzuwerfen.

 

Ob du sie verkaufst, verschenkst oder in die Welt hinaus „aussetzt“ – du schaffst nicht nur Platz, sondern verbreitest die Freude am Lesen. Letztlich ist das Loslassen ein Akt der Großzügigkeit: Du gibst deinen Geschichten die Möglichkeit, neue Leser*innen zu finden und in anderen Bücherregalen weiterzuleben.

 

... und wo Platz im Bücherregal enstanden ist, können neue Schmöker einziehen. Yeah!

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